Sonntag, 21. Februar 2010

Frankreich - L'Aberwrac'h - Boulogne - Rücktörn



In Brest: À la gare routière en face de la gare SNCF

Gestern war ich schon früh wieder in Brest im großen Universitätskrankenhaus mit dem poetischen Namen „Weiße Stute“. Vorgestern auf Anraten des hiesigen Allgemeinarztes per Taxe mit Annelie ins Krankenhaus zahlte ich 50 Euro, und als ich spät abends allein wieder zurück an Bord musste wegen der Nachtzeit 70 Euro, durch Nachverhandlung dann jedoch „nur“ 60 Euro – heute mit der Regionalbuslinie „Pen ar Bed“ zwei Euro einschließlich Umsteigen am Bahnhof auf die Stadtlinie bis hin zur „Weißen Stute“. Im Krankenhaus waren Annelies Werte wieder glatt, die Intensivstation gab sie frei, und sie durfte wieder mit mir zurück an Bord.

Vor dem Krankenhaus stießen wir auf einen freundlichen, redseligen, zu- und umgänglichen Busfahrer, der uns bei zweimal zwei Euro wieder Wechselgeld auf den Tisch legte, was uns stutzig machte. Noch weniger als zwei Euro pro Person und dann bis zum Hafen L'Aberwrac'h?! Er hatte uns Karten bis zum Bahnhof verkauft, und da hätten wir nochmal zahlen müssen. Das Wechselgeld ging wieder zurück und die passenden Karten kamen auf den kleinen Zahltisch. Die ganze Zeit mussten wir uns krampfhaft festhalten, denn die Fahrt ging währenddessen munter weiter.

Als ich die Karten am Stempelautomaten entwerten wollte, fiel er mir in den Arm, ich sollte auch ja die richtige Seite nehmen: Links entdeckten wir den winzig kleinen Schriftzug „autobus“, der galt für die innerstädtischen Linien mit den großen Gliederbussen, also einem, in dem wir uns gerade befanden. Rechts hieß es „autocar“, gemeint waren die wesentlich kleineren Busse der Überlandlinie „Pen ar Bed“: also wurde die Stadt-Seite entwertet.

Es gab ein weiteres Problem. Beim Umsteigen gilt ein zeitlicher Rahmen von einer Stunde, wie wir von ihm erfuhren, aus dem wir aber herausfielen, weil der Anschlussbus beim Eintreffen am Busbahnhof schon gerade unterwegs wäre, und der nachfolgende 16.30-Uhr-Bus unser Limit sprengte. Doch dafür hatte er einen passenden Vorschlag, den ich jedoch nicht auf Anhieb begriff. Erst im zweiten und dritten Anlauf wurde klar, er wolle kurz vor Erreichen der Endstation außerplanmäßig halten, dann stünde auf der Kreuzung diagonal gegenüber unser 15.00-Uhr-Bus, der da gerade seinen ersten Stopp einlegte.

Unser Fahrer bremste ganz vorsichtig den nachfolgenden Verkehr aus – die Ampel zeigte “Grün” (!) - und hielt am Überweg an vorderster Stelle. Dann blinkte er seinen Kollegen mehrfach an, hob deutlich zwei Finger und zeigte auf uns. Ob der dahinten wohl begriff?! Wir sprangen aus dem Wagen, zögerten aber, bei Rot über die Straße zu rennen. Auf ernergisches Winken unseres Busfahrers hin starteten wir trotzdem, in Frankreich nicht unüblich, und hasteten bei nun gerade erfolgtem Ampelwechsel über die sonst so verkehrsreiche mehrspurige Fahrbahn. Noch schnell an der Längsseite die Einmündung queren, dann hätten wir ihn, doch die Ampel gab die Hauptfahrrichtung wieder frei, und wir schauten unserem neuen Bus traurig und enttäuscht hinterher!

Die wenigen Schritte zum ZOB waren keine große Hürde. Dort überquerten wir einen Zebrastreifen, und ein anfahrender Bus stoppte. Zwei Blicke trafen sich! Unser Busfahrer hinter seinem Lenkrad zog traurig die Schultern hoch und hob entschuldigend beide Hände. Lächelnd und kopfnickend winkte ich ab, er hatte es ja wirklich gut gemeint!

Wie lösen wir jetzt das zeitliche Problem, wenn es da überhaupt eins gibt?! Weil er gerade dort stand, steuerte ich einen fast leeren Bus an, in dem noch der Fahrer hinter dem Lenkrad saß und sich offensichtlich mit zwei seiner Kollegen unterhielt. Ich erläuterte mein Zeitproblem und erntete allseitig freundliches Lächeln und der Fahrer neben mir ergänzte, das könne ich vergessen. Das hatte ich ja längst vermutet, hätte es auch drauf ankommen lassen, aber so war eben alles klarer! Oder: zweimal zwei weitere Euro hauen einen nicht um, wo ich doch beim Krankenhaus “Weiße Stute” gerade fast 2000 Euro für schlappe 20 Stunden Aufenthalt abgedrückt hatte! Gerechnet wurden ein Ankunftstag und ein Abgangstag. Na, denn Prost, liebe Krankenkasse!

Wie auf einem Kopfbahnhof üblich, fuhren die Busse in Nischen ein. Am Ende befanden sich, für die wartenden Passagiere gut sichtbar, Hinweisschilder mit dem jeweiligen Endziel und der zugehörigen Nummer der Linie. Wir fanden „4, Plouguerneau par L'Aberwrac'h“ und gingen beruhigt eine Tasse Kaffee trinken. Zehn Minuten vor Abfahrt standen wir bereit, aber unsere Nische blieb leer. Rechts und links drängten sich die Leute, Busse fuhren ein und rückwärts wieder aus.

Eine flotte junge Fahrerin lenkte schwungvoll ihr Fahrzeug in die Nachbarbox, an die wandte ich mich. Ich hielt ihr meinen Fahrplan entgegen, sie schaute kurz hinein, sagte einiges Belanglose, jedenfalls verstand ich es nicht, und war dann mehr am Anzünden ihrer Zigarette und einem Plausch mit Kollegen interessiert; ich blitzte daher ab.

Dahinten, weit oben am Berg „Weiße Stute“ - und hier unten blöde Kuh!

Dass ich in der Aufregung ihr versehentlich die Rückseite mit den Abfahrtszeiten der Gegenrichtung unter die Nase hielt, war uns beiden entgangen.

Eigentlich müsste unser Bus jetzt abfahren, aber die Box blieb nach wie vor leer. In meiner Not wandte ich mich an den nächsten Busfahrer in einem knackvollen Fahrzeug. Er lächelte, ich sei hier richtig, es ginge sofort los. Meinen Hinweis auf die Nachbarbox kassierte er mit den Worten, es gelten beide und griff zum Schalthebel. Erschrocken rief ich: „Nein, das geht nicht, ich muss noch meine Frau holen.“ Ich riss mir den Rucksack vom Rücken, warf ihn zu Boden und sprang durch die sich schließende Tür nach draußen. Annelie wartete in der Nähe auf einer Bank.

Als der Bus zurücksetzte - Annelie ergatterte noch einen Platz an der Fensterseite - ging ihr Blick nach oben und fiel auf ein Hinweisschild „4, Plouguerneau par L'Aberwrac'h“. Dumm gelaufen, das Schild hing verkehrt herum, es hätte von der Fahrgastseite - vor der Busnische - aus einsehbar sein müssen, doch da hatten wir nur die unbeschriftete Rückseite bemerkt. Darüberhinaus war Plouguerneau die einzige Destination mit zwei(!) Nischen.

Das erinnerte mich in fataler Weise an jenes Drama im Sommer 2008 auf dem Umsteigebahnhof Lehe, als wir wieder an Bord nach Morlaix fahren wollten. Doch das ist eine andere Geschichte.

Vive la France – und diesmal saßen wir drin!

Als ich vier Tage später erneut nach Brest fuhr, um Fahrkarten für die Heimreise nach Deutschland zu besorgen, war die Kennzeichnung wieder perfekt: Zwei Nischen für Plouguerneau par L'Aberwrac'h!






Das Drama im Sommer 2008 auf dem Umsteigebahnhof Lehe, als wir wieder an Bord der „Rastina“ nach Morlaix fahren wollten

Frühmorgens ging's in Cuxhaven los. Die Fahrkarten hatten wir sehr günstig im Internet gekauft: Mit der Deutschen Bahn bis Köln, mit dem Thalys nach Paris und mit dem TGV nach Morlaix, immer schön mit Zugbindung.

Laufend stiegen Berufstätige und vor allem Schüler zu. Bald waren auch die Gänge verstellt und mit Sorge blickte ich auf unser umfangreiches Gepäck; ein Durchkommen war kaum noch möglich, wie sollten wir damit je wieder rauskommen?!

Umsteigebahnhof Lehe: Wir kämpften uns rechtzeitig durch, erreichten die Außentür, da scholl es von allen Seiten: „Die Tür geht nicht auf – der Schaffner war hier – man soll einen anderen Ausgang benutzen!“ Ich drückte, ich pochte, ich drückte – die automatische Tür öffnete sich nicht. Verdammt, auch das noch!

Also mit dem ganzen Kram zur nächsten Tür, aber wir kamen nicht durch. Alles zurücklassend drückte ich Leute zur Seite, sprang über quergestellte Taschen oder trat drauf, erreichte eine geöffnete Tür. Aber kaum stand ich auf dem Bahnsteig, schloss die Tür krachend hinter mir, und der Zug setzte sich ganz langsam wieder in Bewegung.

Ich nahm es mit dem anfahrenden Zug auf. Verzweifelt rannte ich unter Aufbietung aller Kräfte nach vorn, erreichte den Fahrstand und brüllte durch das noch offene Fenster: „Anhalten, sofort anhalten, die Tür klemmt, meine Klamotten sind noch drin; mir platzen alle Züge bis Paris weg! Wenn Sie nicht anhalten, mach' ich einen Riesenkrach!!“

Dann wurde der Zug immer schneller, ich konnte nicht mehr mithalten, das Bahnsteigende kam in Sicht!

Bange Sekunden ... und tatsächlich:
der Zug beschleunigte nicht mehr –
er wurde langsamer –
er hielt.

Der Zug stand!
Au, Mann, geht das in die Knochen!


Wütend krabbelte der Lokführer von seinem Bock und kam fluchend und schimpfend auf mich zu. Stracks eilten wir außen am Zug entlang zur richtigen Tür. Annelie kam uns auf dem Bahnsteig entgegen, sie hatte es mit ihren Sachen schon geschafft. Der Fahrzeugführer zog einen großen Schlüssel aus der Tasche und ruck-zuck sprang das sperrige Teil mühelos auf. Reisende, zig Schüler starrten uns an – es war totenstill, und ich kam ganz dicht an meine große schwere Reisetasche …

Auf der anderen Seite stand ein schöner roter Zug. Alle Türen waren geschlossen – offensichtlich abfahrbereit.

Der fährt bestimmt nach Bremen. Das muss Unser sein. Wenn der jetzt bloß nicht abhaut!

Leicht verdattert und genervt hasteten wir auf die andere Seite. Ich bekam noch eine Tür auf, und hinein mit der Bagage, den Beachrolly hinterher und dann wir. Kaum waren wir drin, schloss die Tür ganz sanft und leise, und auch dieser Zug fuhr wieder ab.

Langsam kamen wir zur Ruhe und dachten nach: War das der Richtige; fuhr der überhaupt nach Bremen? Und wenn der zu langsam ist, zu spät ankommt? - Nicht auszudenken!

Mitreisende klärten uns auf:

- Wir hatten einen schnellen Zug erwischt
- Der Zug hätte schon gar nicht mehr hier stehen dürfen
- Zugbindung hatten wir für den nachfolgenden, lansameren Zug
- Noch ein Stopp in Bremerhaven und dann ohne Halt bis Bremen
- 30 Minuten Gewinn

In Bremen blieb uns ausgiebig Zeit, unseren Morgenkaffee zu trinken.


















Emails auf Törn zu schreiben, ist nicht unbedingt mein erstes Anliegen, aber …


… als wir unsere Reise in den Süden planten, bestand bei Freunden und Verwandten Interesse an aktuellen Nachrichten und Reiseberichten.

Rainer Genau – wir trafen uns eine Zeitlang in loser Folge nachmittags zu einer Tasse Kaffee im Hochdonner, um Politik, Gesellschaft und Schule wieder ins Lot zu bringen – forderte als erster kleine Artikel für seine SVC-Seite ein. Mit Rainer konnte man gelegentlich Gesprächssituationen derart steigern, dass man vor Lachen krümmend über dem Tisch hing, Tränen in die Augen bekam, die Gesichtszüge langsam entgleisten und die Luft weg blieb! Wenn “Totlachen” je eine Bedeutung hatte, dann traf sie hier zu; nach heutigem Sprachgebrauch: "Wir hatten Spaß!"

Meine Mutter schaffte sich einen Rechner an und ließ sich einweisen: Zunächst der Emailverkehr und später fielen auch noch Kontoführung, Nachrichten und Google-Alerts ab. Sie wurde unsere fleißigste Emailschreiberin und hatte uns über Positionsreport und Windfinder (Warum seid ihr denn nicht gefahren, es war doch günstiger Wind?!) stets im Griff. Im Oktober nun wird sie 90, aber die Augen lassen nach, und sie kann nur noch mit der Bildschirmlupe arbeiten. Gelegentlichen Bildschirmsalat muss dann die Enkelin richten.

So blieb mir nichts Anderes übrig, als hin und wieder besonders ausführliche Emails zu versenden!

Zwei Wege stehen zur Verfügung: Gelegentlich per Wlan-Verbindung (Telnet oder TO-Adresse) und fast immer über Kurzwelle (Amateurfunk/Airmail/PactorIII – PIII flutscht im Gegensatz zu PII ausgezeichnet!), sofern die Achterstagantenne im Hafen nicht zu sehr abgeschattet wird - auf See ist das aber überhaupt kein Problem -, und Strom (Senderausgangsleistung 100 W, doch meist komme ich mit bedeutend weniger aus) haben wir stets genug, er reicht sogar für die heißen Getränke zwischendurch – dank Solarplatten und Windmühle und leistungsfähigem Umformer von 1500 W!

Dieser Text z. B. geht über Funk im 80- oder 40-m-Band an die PMBO von ON0FS in Belgien bzw. PA3DUV in Holland, wird dort gleich ins Netz gestoppelt oder macht vorher noch den Schlenker über die Amateurfunkzentrale von ZS5S in Südafrika und kommt dann zum Netz. Umgekehrt laufen Mails an meine Funkadresse (DL8HCD@winlink.org) erst nach Südafrika, werden von dort an Stationen in meinem Umfeld verteilt und können dann von mir abgerufen werden, wenn ich über Funk Kontakt aufnehme, danach werden sie beim zentralen Abgleich mit ZS5S, der etwa alle fünf bis zehn Minuten erfolgt, auch in den übrigen Boxen gelöscht. Wenn ich mal fix wechselte, hatte ich die selbe Mail gleich zweimal.

Für Amateurfunker auf See lauern in den Boxen hin und wieder kleine Aufgaben, die dann mit übermittelt werden. Letztens wurde ich aufgefordert, die “Augen gut offen zu halten”, da eine kleine gelbe Cessna im Seegebiet der Bahamas (!) als vermisst gemeldet wurde.

Bei Telnet stehen fünf Stationen weltweit zur Verfügung, meist nehme ich die in Wien oder San Diego/USA. Die Gefahr einer Verstopfung (Die Funkstrecke ist der Flaschenhals!) besteht nicht, denn ich bin nur für Funkamateure und jene “normalen” Emailadressen erreichbar, die ich zuvor in meine “Weiße Liste” aufgenommen habe, und Anhänge werden grundsätzlich nicht übermittelt (Ausnahme: die hervorragenden Gribfiles/WX); nur man selbst kann als Amateurfunker solche bis zu 80 Kb mit PIII (z. B. abgespeckte Fotos) über Funk versenden.

Das halbkommerzielle und kostenpflichtige Sailmail (z. Z. 250 $/Jahr) für Seefunker soll weniger leistungsfähig sein: keine Anhänge und tägliche Airtime von 10 Minuten gegenüber 30 Minuten bei uns. Deutliche Zeitüberschreitungen stellen jedoch im Amateurfunk meist kein Problem dar, ich habe schon eineinhalb Stunden (bei Fotos!) in Anspruch genommen, ohne abgenabelt worden zu sein; die Sailmailer sollen da etwas rigider sein, ich hörte von Abbrüchen!

Ich habe auch schon Adressen gelöscht, denn Disziplin und gewisse Regeln müssen hier unbedingt eingehalten werden.

Krankheitsbedingt sind wir wieder auf der Rückreise.




1 Kommentar:

Sar@h hat gesagt…

Je n'ai pas vu l'Aberwrac'h depuis la fin des travaux.

Je ne suis pas la seule à aimer les pabouks !